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Die Zukunft wurde vorverlegt

Wellenreiter-Kolumne vom 13. Mai 2015

Die Deutsche Bank erwartete im April einen starken Renditeanstieg im Jahr 2017, Bill Gross bevorzugte das Jahr 2016. Martin Armstrong nennt konkret den 1. Oktober 2015. Doch die Zukunft wurde vorverlegt: Die Anleihen fallen, die Renditen ziehen deutlich an. 

 

Wir haben uns gefragt, ob Zinsanstiege ein Kalenderphänomen sind. Sprich: Gibt es Jahreszeiten/Monate, in denen sich ein heftiger Zinsanstieg besonders gern vollzieht?

 

Der Renditeanstieg des Jahres 1994 fand von Februar bis Mai statt. Die Renditen schossen von 5 auf 8 Prozent nach oben. Der Anstieg löste eine 10-Prozent-Korrektur des Aktienmarktes aus (siehe Kreis folgender Chart).

 

 

Auch die steilen Renditeanstiege der Jahre 2003 und 2004 (siehe Kreise folgender Chart) führten zu mehrmonatigen Irritationen im S&P 500.

Die S&P 500-Korrekturen betrugen 5 bis 7 Prozent.

 

Der Renditeanstieg des Jahres 2003 lief von Anfang Juni bis Anfang August. Der Anstieg des Jahres 2004 ist auf dem Chart als von Mitte März bis Mitte Juni laufend zu erkennen, derjenige des Jahres 2013 erstreckte sich von Ende April bis Ende August.

 

Mit anderen Worten: Starke Renditeanstiege sind ein Phänomen der ersten Jahreshälfte, meist beginnend im Frühjahr und endend im Hochsommer.

 

Das saisonale Verlaufsmuster bestätigt diesen Eindruck. Renditen bewegen sich invers zu Anleihen. Danach finden die US-Anleihen meist im Sommer ihr Tief (roter Kreis folgender Chart), die Renditen markieren ihr Hoch.

 

 

Die jüngsten Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen sowie dem Präsidenten der New Yorker Fed, William Dudley, lassen sich in Richtung einer Zinserhöhung im September / Oktober 2015 interpretieren.

 

Die Märkte folgen einem Antizipationsmechanismus. Sie haben damit begonnen, diese Zinserhöhung vorweg zu nehmen. Das war nicht immer so. In den 1970er und 1980er Jahren stiegen die Renditen meist erst mit dem ersten Zinsschritt an. In den Jahren 1994, 1999 und 2004 bahne sich die Antizipation ihren Weg, vielleicht auch, weil beabsichtigte Zinserhöhungen besser kommuniziert wurden. Die Renditen begannen etwa vier Monate vor der ersten Zinserhöhung zu steigen.

 

 

Nicht zuletzt deshalb schrieben wir in unserem Jahresausblick, dass „im Vorfeld des ersten Zinserhöhungsschrittes mit einem schärferen Renditeanstieg zu rechnen ist“. Dieser dürfte jetzt unterwegs sein. 1994 endete der Zinsanstieg neun Monate nach der ersten Zinserhöhung, 1999 lief der Anstieg noch sechs Monate weiter. In 2004 stoppte der Zinsanstieg einen Monat vor der Zinserhöhung.

 

Die aktuelle Renditerally begann Anfang Februar. Unter Berücksichtigung der Saisonalität sowie der Verläufe der Jahre 1994, 1999 und 2004 müsste man annehmen, dass die Renditen zum Zeitpunkt der Zinserhöhung im September / Oktober den größten Teil des Anstiegs bereits vollzogen haben.

 

Zwischen den Jahren 2003 und 2011 bewegte sich die Rendite 30jähriger US-Staats-anleihen meist zwischen 4,0 und 5,3 Prozent (blaue Linie folgender Chart).

 

Die Vier-Prozent-Marke (Hoch von 2013) dürfte als wichtiger Widerstand wirken.

 

Fazit: Steigende Renditen haben das Potential, die Aktienmärkte auszubremsen. Zieht man die Anstiege von 1994, 2003 und 2004 zu Rate, so besteht in solchen Phasen ein S&P 500-Korrekturpotential zwischen 5 und 10 Prozent. Der Großteil des Renditeanstiegs am langen Ende dürfte zum Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung bereits durch sein.

 

Es erscheint durchaus vorstellbar, dass die Renditen in diesem Jahr dem Vorbild von 1994 folgen und über den Spätsommer hinaus steigen. Doch der Hauptteil des Anstiegs sollte vor der Zinserhöhung geschehen.

 

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest

 


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