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Ist der US-Aktienmarkt überbewertet?

Wellenreiter-Kolumne vom 10. Februar 2014

Wenn man eine solche Frage stellt, muss man entscheiden, welchen Bewertungsmaßstab man anlegt. Die Gewinne sind sicherlich ein guter Indikator. Auch den Buchwert kann gelten. Und wenn die Bewertung der Aktienmärkte deutlich schneller steigt als das BIP eines Landes, muss es dann nicht zu Korrekturen an den Märkten kommen? Zudem müsste ein Markt korrigieren, wenn die Distanz zu einem wichtigen gleitenden Durchschnitt ungeahnte Höhen erreicht. Maßstäbe gibt es zur Genüge. Was sagen sie uns derzeit?

Der 4-Jahres-GD (1.000 Handelstage) ist ein wichtiger gleitender Langfristdurchschnitt. Nachfolgend ist die Distanz des Dow Jones Index zu seinem 4-Jahres-GD dargestellt (roter Doppelpfeil folgender Chart).

Die Distanz wirkt groß. Anfang Januar 2014 waren es 4.000 Punkte. Der Dow lag 30 Prozent über seinem 4-Jahres-GD. Doch wieviel sind die 30 Prozent im historischen Maßstab wert? Dies zeigt der nächste Chart.

Historisch traten Extrema im Bereich 40-Prozent-Plus auf. So entfernte sich der Dow Jones Index im Jahr 1987 knapp 70 Prozent von seinem 4-Jahres-GD, bevor es zum Crash kam. Im Sommer 1929 betrug diese Entfernung 82 Prozent (siehe Pfeil obiger Chart). Dies könnte einen Höchstwert für die Ewigkeit darstellen – obwohl, man sollte mit solchen Aussagen vorsichtig sein. Mit einem Abstand von 30% zum 4-Jahres-GD liegt derzeit zwar ein erhöhter Wert, aber kein historisches Extrem vor.

Mit Hilfe des Shiller KGV wird der Kurs des S&P 500 in Relation zum Durchschnitts-Kurs-Gewinn-Verhältnis der vergangenen 10 Jahre gesetzt.

Das Shiller-KGV befindet sich bei 26,4. Diese Kennziffer liegt oberhalb des „Normal“-Korridors, aber unterhalb der Bewertungen von 1929 und der Jahre 1998 bis 2007.

Der Verlauf der Bewertungskennziffer “Tobin’s Q” unterscheidet sich kaum vom Shiller-KGV. Auch hier wurde der Korridor nach oben verlassen. Die Überbewertung des Jahres 2000 wurde bisher nicht erreicht. „Tobins Quotient“ ist benannt nach James Tobin, Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1981, der diese Kennzahl ab 1968 propagierte. Ein gebräuchliches deutsches Synonym ist Marktwert-Buchwert-Verhältnis. Mehr dazu unter http://en.wikipedia.org/wiki/Tobin%27s_q

Eine dritte Bewertungskennziffer liefert die Marktkapitalisierung eines Landes im Verhältnis zum BIP. Ist die Marktkapitalisierung im Verhältnis zu den produzierten Gütern und Dienstleistungen zu hoch, dann ist der Aktienmarkt überbewertet. Dies erscheint plausibel. Der Indikator erinnert ein wenig an den mittlerweile populären Indikator Staats-verschuldung im Verhältnis zum BIP. Die Gesamtmarktkapitalisierung der USA lässt sich mit Hilfe des Wilshire 5000-Index erfassen. Die umfasst sämtliche börsennotierten Unter-nehmen in den USA (mehr als 5.000). Die Marktkapitalisierung der USA beträgt per Ende Januar 18,7 Billionen US-Dollar. Das nominale US-BIP befindet sich bei 17,1 Billionen US-Dollar. Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis, so beträgt die Marktkapitalisierung 110 Prozent vom BIP.


Der Wilshire 5000 lässt sich leider nur bis 1970 zurückverfolgen. Dennoch ist auch hier erkennbar, dass der langjährige Korridor der Ratio Wilshire 5000 zum US-BIP nach oben verlassen wurde. Genauso wie im Falle der zuvor erwähnten Indikatoren wurde der Spitzenwert des Jahres 2000 bisher nicht erreicht.

Fazit: Sowohl im Verhältnis des Marktwertes zum BIP als auch im Verhältnis der Markt-bewertung zum Buchwert („Tobin’s Q“) liegt der Quotient oberhalb von eins. Auch ein Shiller-KGV von aktuell 26,4 ist historisch teuer. Die Bewertungen um das Jahr 2000 herum waren allerdings deutlich teurer als aktuell. Es erscheint plausibel anzunehmen, dass die Bewertungs-Euphorie um das Jahr 2000 herum nicht als Maßstab dienen kann. Die Bewertung des US-Aktienmarktes befindet sich nach allen hier vorgestellten Maßstäben auf einem erhöhten Niveau, nicht aber auf einem Extremniveau. Dies lässt den Märkten Luft, um - nach einer Korrektur in der ersten Jahreshälfte 2014 – in der zweiten Jahreshälfte einen erneuten Anstieg zu vollziehen.

Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
 


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