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Brüche im Eis
Die 29. Kapitalanlegertagung in Zürich war von einer vergleichsweise gelassenen Stimmung geprägt. Die Tagung fand am 21. und 22. Januar statt, also vor dem jüngsten Abverkauf an den Märkten. Dank der Anwesenheit der Ökonomen Barry Eichengreen und Hans-Werner Sinn bildete die Euro-Politik einen Schwerpunkt der Debatte. Eichengreen betonte die Gefahr eines Abrutschens der Euro-Zone in die Deflation. Auffallend positiv wurden die Aussichten für die USA dargestellt. Eine Wachstumsschätzung von +3% erschien Barry Eichengreen zu konservativ. Hans-Werner Sinn betonte, keinen Masterplan für die Lösung der Probleme in Europa präsentieren zu können. Sein Motto lautete: Von jedem etwas und dann muss es die Zeitschiene richten. Als wichtigsten Punkt nannte er die Abhaltung einer Schuldenkonferenz. Auch temporäre Austritte einzelner Peripherieländer und Budgetbeschränkungen sollten gemäß Hans-Werner Sinn Teil der Lösung sein. Feste Wechselkurse sollten flexiblen Kursen weichen.
In nahezu jedem zweiten Referat wurde betont, dass der Aufbau der Staatsverschuldung in der Welt weiter voranschreitet. Keinem Industrieland würde es in den kommenden Jahren gelingen, den Anteil der Staatsverschuldung in Prozent vom BIP zu verringern. Die Folge sei, dass die Zentralbanken die Renditen weiterhin drücken würden, um die Refinanzierung der Staatsverschuldung gewährleisten zu können. Die US-Zentralbank sei unter Janet Yellen bestrebt, den monatlichen Ankauf von US-Staatsanleihen komplett zurückzufahren. Es gäbe hier innerhalb der Fed einen breiten Konsensus.
Gold wurde von den meisten Referenten vergleichsweise positiv gesehen. Man traut dem Edelmetall eine Bärenmarktrallye zu. Die Unterstützung bei 1.000 Dollar wurde als solide beschrieben. Euphorie für Gold kam während der Tagung nicht auf. Aktien wurden positiv gesehen, wobei eine Korrektur ab dem Frühjahr (Felix Zulauf) bzw. Sommer (Michael Riesner) erwartet wird. Felix Zulauf geht von einer 20-Pozent-Korrektur aus. Michael Riesner sieht die Aktienmärkte am Jahresende in etwa dort, wo sie begonnen haben (grob gesagt Anstieg bis zur Jahresmitte und dann Fall bis zum Jahresende). Viele andere Referenten sahen den Aktienmarkt am Jahresende höher als Ende 2013.
Den Emerging Markets wird – wie Gold und Rohstoffen – ein Bounce zugetraut. Als großer Stolperstein für die Weltwirtschaft könnte sich in diesem Jahr China erweisen (möglicherweise später im Jahr), so Felix Zulauf. Zulauf sieht die Renditen Spaniens und Italiens „unten angekommen“. Vom aktuellen Niveau aus dürfen sie zu steigen beginnen. Insgesamt aber wurde den Renditen nur ein geringes Anstiegspotential zugebilligt.
Der Euro/Dollar genießt insgesamt wenig Vertrauen. Die Prognosen reichen von 1,20 oder tiefer (Zulauf) bis ca. 1,35 (Riesner) am Jahresende. Ein Ausbruch nach oben wird gedanklich nicht verfolgt.
Häufig tritt das auf, was nicht unmittelbar erwartet wird. Am Donnerstag kam es an allen Aktienmarkt-Ecken und -Enden zu Rissen, am Freitag brach das Eis. Der DAX verlor an beiden Tagen insgesamt 3,5%, der Dow Jones Index büßte 3% ein. Die Bewegung ist fast eine Kopie dessen, was sich im Januar 2010 abspielte. Damals kam es – wie aktuell – in der Woche nach dem Verfallstag zu einem massiven Abverkauf.
In Zwischenwahljahren ist ein solcher Jahresbeginn durchaus üblich. Im Januar eines Zwischenwahljahres passieren gern dann Unfälle, wenn die Märkte zuvor längere Zeit nach oben liefen. Trotz des ähnlichen Beginns wird das Börsenjahr 2014 einen anderen Verlauf als im Jahr 2010 nehmen. Es ist so gut wie ausgeschlossen, dass historisch eng beieinander liegende Jahre ähnlich verlaufen.
In unserem Jahresausblick nannten wir die Jahre 1984 und 1994 als mögliche Vorbilder für den Verlauf des Jahres 2014. Nachfolgend zeigen wir die aktualisierten Verläufe.
Die Korrekturen betrugen 17% (1984) bzw. 10% (1994). In Zwischenwahljahren sind Korrekturen zwischen 10 und 20 Prozent mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit belegt.
Das aktuelle Allzeithoch im Dow Jones Index stammt vom 31.12.2013.
Wichtige Hochpunkte zum Jahreswechsel kommen zu Beginn von Zwischenwahljahren gern einmal vor. Das war nicht nur 1984 und 1994 so. Als berühmtestes Beispiel gilt das Schlusstand-Allzeithoch im Nikkei-Index am 29.12.1989 (siehe Pfeil folgender Chart).
Die 39.000-Punkte-Marke liegt auch 24 Jahre später in weiter Ferne.
Fazit: Im Bezug auf die Aktienmärkte wurde in Zürich fast unisono eine positive erste Jahreshälfte für die Aktienmärkte erwartet. Dass eine solche Erwartung gerade in Zwischenwahljahren schief gehen kann, haben wir weiter oben und sowie in unserem Ende Dezember veröffentlichten Jahresausblick dargestellt. Erwerben Sie unseren Jahresausblick (mehr als 100 Seiten, mehr als 100 Charts) unter www.wellenreiter-invest.de.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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