Wellenreiter-Kolumne vom 23. August 2013
Sub-Dollar-Indizes mit zwei Wirklichkeiten
Die amerikanische Zentralbank interessiert sich in Währungsfragen für zwei
Dinge. Erstens sollen die Effekte der Dollar-Auf- und Abwertung im Bezug
auf die Wettbewerbsfähigkeit von US-Produkten erfasst werden. Zweitens
möchte sie den Auf- oder Abwertungsdruck auf den US-Dollar an den
Finanzmärkten einschätzen können. Dieser Druck entsteht gegenüber
liquiden, viel gehandelten Währungen wie z.B. dem Euro, dem Yen oder dem
Pfund.
Aus diesem Grund führt die Fed einen US-Dollar-Index gegenüber einem
breiten Band an Währungen (Industrie- und Schwellenländer). Der Index
teilt sich in zwei Subindizes. Der erste Subindex nennt sich „Major
currencies“. Die wichtigen Währungen lauten: Euro, kanadischer Dollar,
japanischer Yen, britisches Pfund, Schweizer Franken, australischer Dollar
und die schwedische Krone. Mit Hilfe dieses Index misst die Fed den Druck
auf den US-Dollar (nachfolgender Chart). Diese wichtigen Währungen
verfügen gleichzeitig über eine hohe Liquidität.
Die beiden eingezeichneten Linien symbolisieren die seit 30 Jahren
nachlassende Volatilität der Haupthandelswährungen zueinander.

Ob Euro, Yen, Pfund oder Franken: Die Handelspanne werden enger. Die
Währungen der alten Industrieländer bilden zunehmend einen Währungskorb
mit nur noch geringer Schwankungsbreite. Das Verhalten der großen alten
Währungen zueinander erinnert an die europäische Währungsschlange, wie sie
vor Einführung fixer Wechselkurse in Euroland existierte. Die geplante
Einführung der Freihandelszone Europa/USA könnte an ihrem Endpunkt einen
fixen Wechselkurs Euro/Dollar hervorbringen. Fragt man die
Wirtschaftsvertreter auf beiden Seiten des Atlantiks, so besteht an einer
Erhöhung der Schwankungsbreite kein Interesse. Mit einem
Wechselkurskorridor zwischen 1,25 und 1,45 können beide Seiten gut leben.
Atmosphärisch sind Europa und die USA von einer echten Vereinbarung
deutlich entfernt. Man denke beispielsweise an die NSA-Affäre. De facto
handelt der Euro/Dollar seit knapp fünf Jahren innerhalb der genannten
Spanne - mit nur geringfügigen Überschreitungen. Die EU/US-Währungsunion
wird praktiziert, ohne dies an die große Glocke zu hängen.
Der zweite von der Fed geschaffene Subindex umfasst die weiteren wichtigen
Handelspartner. Diese lauten: Mexiko, China, Taiwan, Korea, Singapur, Hong
Kong, Malaysia, Brasilien, Thailand, Philippinen, Indonesien, Indien,
Israel,
Saudi Arabien, Russland, Argentinien, Venezuela, Chile und Kolumbien. Man
kann sich fragen, warum China als einer der wichtigsten Handelspartner der
USA nur in den zweiten Subindex gesteckt wird. Das liegt an der – noch -
mangelhaften Liquidität der chinesischen Währung.
Der Dollar-Subindex gegenüber weiteren wichtigen Handelspartnern agiert
deutlich stärker als derjenigen gegenüber den wichtigen Währungen.

Vorsorglich sei gesagt, dass der obige Chart die Währungsbewegungen bis
einschließlich 16.08.2013 umfasst. Die deutlichen Bewegungen dieser Woche
wurden von der Fed noch nicht publiziert.
Die
rote Linie auf dem obigen Chart stellt einen Schwellenland-Währungsindex
dar. Denn nichts anderes sind „die anderen bedeutenden Handelspartner“.
Die Spuren der Asienkrise 1997/98 sind auf dem Chart deutlich erkennbar.
Damals wertete der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer
deutlich auf.
Auch
danach zeigte der US-Dollar gegenüber dem Schwellenland-Index relative
Stärke. Die Schwächephasen umfassten die Zeiträume Mitte 2003 bis Anfang
2008 sowie von März 2009 bis März 2011. Beide Phasen waren starke
Rohstoffphasen. Das Kapital floss jeweils in die Schwellenländer. Jetzt
kehrt es zurück. Dabei sind größere und abrupte Umkehrmuster nichts
Ungewöhnliches. Denn drehen die Kapitalströme, so hat dies stets einen
Sogeffekt. Niemand möchte derjenige sein, der die leere Tasche in der Hand
hält.
Ordnet
man die aktuellen Währungsbewegungen in diese Historie ein, so wird
deutlich, dass die aktuellen Währungsschwäche-Amplituden die logische
Fortsetzung einer schon länger andauernden Entwicklung darstellen.
Als
Beispiel für eine Schwellenlandwährung sei die indische Rupie dargestellt.
Der Wechselkurs Dollar /Rupie befindet sich in einer Beschleunigungsphase.

Fazit:
Längerfristig wertet der US-Dollar gegenüber den liquiden, wichtigen
Währungen ab. In den vergangenen Jahren bewegten sich Dollar und wichtige
Währungen in einer Handelsspanne zueinander. Gegenüber anderen bedeutsamen
Handelspartnern – das sind insbesondere die Schwellenländer – performt der
US-Dollar besser. In Phasen fallender Rohstoffpreise bewegt sich das „Hot
Money“ aus den Schwellenländern heraus. Die Folge ist ein steigender
US-Dollar. Hingegen korrelieren Phasen steigender Rohstoffpreise mit einem
schwächeren US-Dollar.
Das
ureigene Interesse der US-Zentralbank besteht darin, die Arbeitslosenquote
herunterzufahren und die Inflationsrate nahe der 2-Prozent-Marke zu
halten. Ein starker Dollar kann nicht im Interesse der USA liegen. Die
Wettbewerbsfähigkeit der USA leidet in einer Phase des Dollar-Anstiegs,
Arbeitsplätze werden woanders geschaffen. Im Rahmen der Asienkrise 1997/98
wertete der US-Dollar um 50 Prozent gegenüber den Schwellenländern auf.
Die US-Arbeitslosenquote betrug im Jahr 1998 etwa 4,5%.
Einen
nochmaligen Arbeitsplatz-Exodus werden die Amerikaner nicht hinnehmen. In
der aktuellen Diskussion um die Rückabwicklung der quantitativen Lockerung
(„Tapering“) dürfte die internationale Komponente an Gewicht gewinnen. Je
stärker der US-Dollar gegenüber den Währungen der Schwellenländer
aufwertet, desto stärker dürfte das „Tapering“ in Richtung Jahresende
verschoben werden. Unter diesen Umständen würde der Zinsanstieg nachlassen
bzw. eingebremst werden. Der Realzins würde nicht weiter steigen. Der
Goldpreisanstieg der letzten Wochen erhielte seine nachträgliche
Verifizierung.
Robert Rethfeld
Wellenreiter-Invest
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